Patienten mit einer Zöliakie reagieren mit einem körperlichen Abwehrprozess auf Gluten. Gluten ist das vorwiegende Protein in vielen Getreidesorten wie zum Beispiel Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste. Durch den Verarbeitungsprozess dieses Getreides, indem Weizen beispielsweise zu Mehl gemahlen wird, und der Vermischung mit Wasser spalten sich einzelne Bestandteile des Proteins, es entsteht eine klebrige Masse. Aus diesem Grund wird Gluten auch als Klebereiweiß bezeichnet. Das Protein selbst besteht aus verschiedenen Aminosäuren, wobei insbesondere die Aminosäuren Prolin und Glutamin bei Menschen mit einer Unverträglichkeit zur Entstehung einer Immunabwehr führen.
Nach dem Kauprozess im Mund gelangt die zerkleinerte Nahrung über die Speiseröhre in den Magen und wird dort teilweise, jedoch nicht vollständig, in einzelne Nahrungsbestandteile aufgespalten. Vom Magen wird die Masse in den Dünndarm weitergegeben. Der Dünndarm ist mit fünf bis sechs Metern Gesamtlänge das längste Verdauungsorgan des Menschen. Er übernimmt die chemische Verdauung und spaltet Kohlenhydrate, Proteine und Fette in die kleineren Bestandteile wie zum Beispiel Aminosäuren, Fettsäuren oder Einfachzucker. Über seine Schleimhaut gibt er diese wichtigen Bestandteile in den Blutkreislauf ab. Dieser Prozess wird medizinisch als Resorption bezeichnet.
Der Dünndarm hat keine glatte Oberfläche, sondern ist in Falten gelegt, die mit unzähligen fingerförmigen Ausstülpungen, den sogenannten Darmzotten, übersäht sind. Dank dieser Zotten hat der Dünndarm eine sehr große Oberfläche und kann gleichzeitig eine Vielzahl von Nährstoffen aufnehmen.
Bei Patienten mit einer Zöliakie erkennt das Immunsystem die Aminosäuren Prolin und Glutamin als körperfremde Substanzen und leitet eine Kettenreaktion ein. Diese sorgt dafür, dass sich die als schädigend eingestuften Moleküle an die Oberfläche der Schleimhautzellen binden und dort mit bestimmten vom Körper ausgeschütteten Antigenen bekämpft werden. Das fehlgeleitete Immunsystem bekämpft infolgedessen das körpereigene Gewebe. Dieser Prozess verursacht Entzündungen und sorgt auf Dauer für eine Zerstörung der Darmzotten, womit sich die Oberfläche der Darmschleimhaut und damit auch die Aufnahmefähigkeit der Nahrungsbestandteile verkleinert.
Warum es bei Patienten mit Zöliakie zu dieser fehlgeleiteten Abwehrreaktion kommt, konnte bis heute nicht abschließend erforscht werden. Forscher vermuten, dass es sich bei der Entstehung einer Zöliakie um eine Kombination bestimmter genetischer Voraussetzungen handeln könnte, die bei manchen Menschen in Verbindung mit gewissen Umwelteinflüssen den Abwehrprozess auslösen. Ein Großteil der Patienten mit Zöliakie weist sogenannte Histokompatibilitätsgene des Typs HLA-DQ2 oder HLA-DQ8 auf, die unmittelbar an der schädigenden Bindung an der Schleimhautoberfläche beteiligt sind. Die genetische Veranlagung ist erblich. Forschungen haben gezeigt, dass Zöliakie bei Verwandtschaften ersten Grades sehr häufig weitervererbt wird.
Allerdings weisen auch viele gesunde Menschen diese Gene auf, ohne zu erkranken.Deshalb wird vermutet, dass diese genetische Veranlagung alleine nicht ausreicht, um eine Zöliakie auszulösen. Pilzinfektionen, beständiger Stress und seelische Belastungen sowie übermäßiger Alkoholkonsum können in Kombination mit einer genetischen Veranlagung ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung einer Zöliakie spielen. Zöliakie ist nicht heilbar und besteht ein Leben lang.
Sabrina Mandel